Drachenbau

Wie entsteht eigentlich so ein Drachen?

Wie kommt man eigentlich auf die Idee, Drachen zu nähen? Gute Frage, eine plausible Antwort kann ich darauf auch nicht geben. Im Handel sind viele gute und teilweise auch preiswerte Drachen erhältlich, trotzdem kommt dann und wann immer wieder der Wunsch nach etwas Besonderem oder auch Einzigartigem auf. Dann bleibt nur der Griff zu Stift und Papier, um einen ersten Entwurf zu kritzeln. Im Normalfall ist hier die Entscheidung, ob Ein-, Zwei- oder Vierleiner schon gefallen. Irgenwann werden dann "Zutaten" geordert und letzten Endes unzählige Stunden damit verbracht, das Kunst- oder "Mach"werk Gestalt annehmen zu lassen.

Das Gefühl, wenn sich das Ergebnis nach endlosen Stunden in die Lüfte erhebt, entschädigt für die Mühen jedoch allemal.

Auf dieser Seite werde ich die einzelnen Schritte beschreiben, die von der Idee bis zum fertigen Drachen nötig sind. Je nach Drachentyp und gewünschtem Design schwankt der Zeitaufwand dabei zwischen wenigen Stunden und einigen Wochen Bauzeit.

Beispielhaft habe ich einen Kite hergenommen, den ich für eine Mottofeier gebaut habe und der nun schon seit einiger Zeit mein Büro ziert. Motto war damals "American Style"...


Phase 1 - der Entwurf

Nichts geht über einen brauchbaren ersten Entwurf. Vorwiegend nutze ich hierfür den PC, dann kann ich auch die Farbgebung schon beurteilen, ab und an reichen aber auch Stift und Zettel, Serviette, Bierdeckel oder was eben so gerade da ist... ;-) Wer jetzt denkt, dass der Entwurf der Weisheit letzter Schluss ist, der ist auf dem Holzweg. Der Entwurf ist für mich lediglich ein grober Anhaltspunkt, im Laufe der Entstehung werden viele Aspekte spontan neu bewertet und kurzerhand anders umgesetzt.

Das Aussehen des Kites ist nun halbwegs festgelegt, weiter geht's zum nächsten Schritt...


Phase 2 - technische Details

Bevor es an's Eingemachte geht, muss man sich überlegen, für welchen Einsatz der Drachen gedacht ist. Jeder Drachen hat einen festgelegten Windbereich, der durch die verwendeten Materialien bestimmt wird. Leichtwinddrachen sind in der Regel sehr fragil gebaut und es wird bei jedem Bauteil auf das Gramm geschaut. Dadurch benötigen sie nur einen Hauch Wind, um vom Boden abzuheben. Eine stärkere Brise kann jedoch schnell aus dem schönen Drachen ein Knäuel aus Stoff und Stäben machen. Für stärkere Winde sind eher Power- und Speeddrachen gedacht, die sich wiederum bei einem lauen Lüftchen nur als schöne Bodendekoration eignen. So hat jeder Drachentyp seinen Verwendungszweck, was auch die Vielzahl der Drachen in mancher Drachentasche erklärt.

Auf die genauen Zusammenhänge von Material und Flugeigenschaften möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen, da dies den Rahmen dieser Seite um einiges sprengen würde. Hierzu gibt es Fachliteratur, welche das Thema ausführlicher und vielleicht auch kompetenter erklärt, als ich das kann. Auch fertige Baupläne findet man im Netz, so dass man nicht unbedingt das Rad komplett neu erfinden muss. Dazu einfach das Internet-Orakel nach den Begriffen "Kite" und "Plan" befragen.

Am Ende dieser Phase sollte eine Einkaufsliste entstanden sein, mit der man im Kiteshop seines Vertrauens eine Menge Drachenstoff, Stäbe, Kleinteile und einiges mehr einkauft.


Phase 3 - das Segel

Ehe ich anfange, den Stoff nach Lust und Laune zu zerschneiden, fertige ich mir erst einmal Schablonen an. Im Normalfall besteht ein Kite aus zwei spiegelbildlich aneinandergesetzten Hälften. So muss ich nur einmal alles abmessen und aufzeichen und dann die Schablone einfach "andersrum" auflegen. Bei mehrteiligen oder applizierten Segeln nutze ich die Schablone gleich zum Fixieren der einzelnen Paneele. Wird noch ein zweiter oder gar dritter Drachen dieser Art gebaut, hat sich die Arbeit mit den Schablonen mehrfach rentiert.



Wie auf dem Bild zu sehen ist, werden Schritt für Schritt die einzelnen Teile des Drachens ausgeschnitten und vorbereitet, Verstärkungen gefalzt und dort wo nötig Gazestreifen vorbereitet.



Nachdem alles zurechtgeschnitten ist, geht es an's Zusammennähen. "State of the art" ist derzeit die einzelnen Segelteile mittels der "Segelmachernaht" zusammenzufügen. Dazu werden die Segelteile an der Nahtstelle übereinandergeklebt und anschliessend mit einem Dreifachzickzack-Stich vernäht. Klingt einfach, ist es im Grunde auch ;-)

Zwischendrin wird immer kontrolliert, ob noch alles passt. Wie leicht zu sehen ist, weicht das Design schon vom Entwurf ab. Nennen wir es einfach "künstlerische Freiheit".



Ist das Segel soweit zusammengenäht, werden die Kanten noch gesämt und die Verstärkungen angenäht. Kleinere Applikationen (wie hier die Sterne) nähe ich meist erst ganz am Ende auf.



Damit ist das Segel fertig und wir kommen zur nächsten Phase.

Phase 4 - die Bestabung

Abhängig von den Maßen des fertigen Segels werden nun die Stäbe eingepasst und zugeschnitten. Je nach Drachentyp kommen unterschiedliche Stabmaterialien zum Einsatz. In den meisten Fällen verwende ich Kohlefaser, da dieses Material sehr leicht und dennoch robust ist. Vereinzelt kommen aber auch Glasfaser, Holz oder Bambus zum Einsatz. Zur Verbindung der Stäbe untereinander werden handelsübliche Stabverbinder benutzt, die es in vielen verschiedenen Ausführungen gibt.

Phase 5 - die Waage

Damit der Drachen im richtigen Winkel an den Flugschnüren im Wind bewegt werden kann, ist ein kleines Kunstwerk an Schnüren notwendig. Dieses verbindet bestimmte Punkte des Drachens mit den Flugleinen und wird "Waage" genannt. Man kann sich noch so viel Mühe beim Bau des Drachens geben, stimmt die Waage nicht bewegt sich der Drachen im schlechtesten Fall keinen Zentimeter vom Boden weg.

Hat man einen Bauplan, dann heisst es fleißig knoten und abmessen. Bei eigenen Entwicklungen ist die richtige Waageeinstellung eine wahre Sisyphusarbeit.

Fertig...

Hat man alle diese Schritte durchgeführt, sollte das Ergebnis ein kompletter Drachen sein. Wie immer kommt das Beste am Schluss... Ab auf die Wiese und das Gefühl genießen, wenn sich der Drachen das erste Mal in die Luft erhebt...



Hier findest Du eine Übersicht über alle meine bisher gebauten Drachen: