Avion

Ein Vierleiner im historischen Gewand...



Was hat mich bewogen, einen solchen Drachen zu bauen? Diese Frage wurde mir schon ein paar Mal gestellt. DIE Antwort darauf gibt es nicht, vielmehr ist es eine Reihe von Gründen und Überlegungen, die in dieses Projekt eingeflossen sind.



Zum einen bin ich ein großer Fan von historischen Drachenmodellen aus Holz und Baumwolle, zum anderen wollte ich einmal etwas Neues probieren. Das etwas "Neues" nicht immer gut und praktikabel ist, habe ich in diesem Projekt auch erfahren dürfen. Das ist abgesehen von den Kosten und der aufgewendeten Zeit aber keines Falles negativ. Nur so kann man Erfahrungen sammeln und diese wiederum in andere Projekte einfließen lassen. Aber dazu später mehr...



Zurück zum Drachen: meine Überlegungen waren, den Drachen aus Holz und Tyvek zu bauen. Tyvek ist ein Kunstfaservlies, das sich gut kleben und nähen lässt, trotzdem aber sehr reißfest ist. Baumwolle wäre zwar "stilechter" gewesen, ist im Vergleich zu Tyvek aber schwerer. Beim Holz habe ich auf die Buchenrundstäbe gesetzt, die es in jedem Baumarkt zu kaufen gibt. Bevor es aber an's Eingemachte geht, musste erst einmal ein Entwurf her.



Mit dem Entwurf habe ich mich dann an den Bau eines Modells gemacht, Maßstab 1:10.



Da das Buchenholz mit 6mm Stärke doch recht biegsam ist und mir eine Mittelspreize um die 2 Meter vorschwebte, mussten drei Stäbe mittels einer Art Fachwerk verbunden werden. Um den Transport einfacher zu gestalten, habe ich die Spreize zweiteilig gestaltet, so daß das Packmaß des Kites etwa bei 105 cm liegt. Das Fachwerk (Zwischenstücke und Diagonalverstrebungen) besteht ebenfalls aus Holz und wurde mittels Epoxydharz dauerhaft verbunden. Die so entstandene Spreize ist sehr steif und über die gesamte Länge recht druckresistent.



Die Verbinder, die die Mittelspreize mit den restlichen Stäben verbinden, sind Einzelanfertigungen. Ich habe sie absichtlich abnehmbar gestaltet, um den Drachen für den Transport möglichst klein zusammenlegen zu können. Die äußeren Spitzen sind zusätzlich mit Waageschnur abgespannt, um die Belastung auf die Verbinder durch den Winddruck etwas abzufangen.



Nachdem Schablonen erstellt, Segel zurechtgeschnitten und alles zusammengeklebt oder -genäht ist, braucht der Drachen noch eine Waage. Die Waage ist direkt am Segel befestigt. Um die punktuellen Belastungen gering zu halten, ist die Waage mehrschenklig ausgeführt. Da ich mich an keiner Vorlage orientieren konnte, war hier viel Ausprobieren und Ändern angesagt.



Nach etlichen Versuchen, Enttäuschungen, kaputten Stäben und ausgerissenen Verstärkungen war der Avion dann doch dazu zu bewegen, sich in die Lüfte zu erheben. Ein tolles Gefühl und ein toller Drachen.



Der Jungfernflug war erfolgreich und nun nun gilt es, den Prototypen soweit serienreif zu entwickeln, dass ich ruhigen Gewissens die Handles auch mal an andere Piloten übergeben kann. Vorher noch ein paar bewegte Bilder:






Update 01/2013



Nachdem im Herbst ein wenig Ruhe um den Prototypen eingekehrt ist und die Abende wieder länger wurden, habe ich mir weitere Gedanken um das Projekt gemacht. Tyvek ist für einen Proto sicher nicht schlecht, da es leicht und schnell zu verarbeiten ist, hält jedoch der Dauerbelastung eines Kites in dieser Größe bzw. diesem Typ nicht stand. Weiterhin fand ich die mehrschenklige Waage und die Segelabspannungen für den Alltagsbetrieb ungeeignet, so dass ich hier eine andere Lösung finden wollte.

Auf Basis der Erkenntnisse des Prototypen habe ich ein neues Segel aus Spinnakernylon genäht. Die vorderen senkrechten Segelteile habe ich etwas modifiziert und mit einer neuen Abspannmöglichkeit versehen. Dadurch wird der Zusammenbau des Kites vereinfacht und die einzelnen Spannschnüre vertüddeln nicht so leicht. Da das Spinnaker mit Dacronverstärkungen deutlich mehr Kräfte aufnehmen kann, als das Tyvek, konnte ich je Seite zwei Waageaufnahmepunkte einsparen. Dadurch wird die Waage deutlich einfacher, was der Alltagstauglichkeit sehr förderlich ist.



Mit neuem Segel, CfK-Bestabung und neuer Waage ging es an den Probeflug. Nach etwas Feintuning an der Waage fliegt auch die zweite Evolutionsstufe des Avion (zu erkennen am "/2". Die Pylonen links und rechts am Segel sind noch die der Urspungsversion, wurden aber bereits durch veränderte Versionen ersetzt. Diese sind etwas länger und stehen auf der Segelrückseite ca. 15cm heraus. Dadurch liegt der Kite nie flach auf der Rückseite und lässt sich deutlich leichter starten.



Mittlerweile habe ich alle Teile des Avion durch neue oder verbesserte Varianten ersetzt. Die lädierte, ursprüngliche Querspreize habe ich repariert, so dass der ursprüngliche Prototyp nun als Dekoration dient.





Die Avion-Lampe



Hierbei handelt es sich nicht direkt um einen Kite, wobei das Exponat mit einer Waage sicher auch flugfähig wäre. Die Inspiration dafür stammt von einer guten Freundin, die zu den Bildern des Avion-Prototypen meinte: "...das(!) würde sich gut als Lampe in meinem Wohnzimmer machen!". So langsam reifte dann die Idee eines reinen Deko-Objekts mit Beleuchtung.

Da das Original ca. 280 cm Spannweite hat und mir das doch etwas groß erschien, habe ich mich für eine Verkleinerung des Avion im Maßstab 1:2 entschieden. Baumaterial wie beim ersten Original Holz und Tyvek. Hinzu kommen noch vier ultrahelle LEDs, ein wenig Kupferkabel und ein Steckernetzteil zur Stromversorgung. Das Netzteil liefert 5V, was den Einsatz eines Vorwiderstands nötig macht, um die LEDs nicht zu zerstören.



Die LEDs sind an den seitlichen Segelpylonen befestigt und beleuchten das Segel, was dann wiederum das Licht reflektiert. Als Leselampe ist das Machwerk nicht wirklich geeignet, für einen stimmungsvollen Effekt reicht es aber allemal.





Damit ist das Projekt Avion erst einmal abgeschlossen. Viel Arbeit, viele Ideen, aber letztendlich ist der Kite so geworden, wie ich ihn mir vorgestellt hatte.